Der Zukunftsmotor

Elektromotoren sind für mehr als die Hälfte des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich. Forscher arbeiten intensiv daran, sie leichter und effizienter zu machen – so effizient, dass sie eines Tages vielleicht sogar Verkehrsflugzeuge antreiben könnten.

Elektromotoren sind zweifellos eine ausgereifte Technologie: Zwischen der Erfindung des Induktionsmotors durch Nikola Tesla und der Markteinführung des Tesla-Elektroautos ist mehr als ein Jahrhundert vergangen.

Und dennoch gibt es noch Spielraum, um sie energieeffizienter zu machen, ihre Produktionskosten zu senken, ihre Belastbarkeit zu erhöhen, die von ihnen erzeugte Abwärme zu reduzieren und ihr Gewicht zu verringern.

Das ist entscheidend. Denn Elektromotoren sind nicht nur für die Hälfte des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich und treiben grosse Teile des modernen Lebens an – von Gebläsen, Kompressoren, Pumpen und Elektrogeräten bis hin zu Pkw- und Lkw-Motoren – eine höhere Effizienz würde auch neue spannende Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel den elektrischen Antrieb von Verkehrsflugzeugen.

Seltenheit hat ihren Preis

Das Funktionsprinzip von Elektromotoren beruht auf der Wechselwirkung magnetischer Kräfte. Diese Kräfte entstehen durch eine Kombination aus Dauermagneten und wechselnden Magnetfeldern, die in der Regel von stromdurchflossenen Kupferspulen erzeugt werden. Dabei können erhebliche Mengen an Abwärme entstehen, die sich negativ auf die Leistung des Motors auswirken kann. Deshalb ist die verbesserte Nutzung von Dauermagneten ein Ansatz, den Forscher verfolgen, um Elektromotoren weiterzuentwickeln.

Die leistungsstärksten Dauermagneten bestehen aus Seltenen Erden, die – wie der Name schon vermuten lässt – teuer sind. Jun Cui, leitender Forscher am Ames Laboratory des US-Energieministeriums, sucht nach kostengünstigeren Alternativen. Mögliche Kandidaten sind zum Beispiel günstige Manganlegierungen, die den zusätzlichen Vorteil eines geringen Gewichts bieten, sowie Ferrite. Bis der richtige Ersatz gefunden ist, müssen allerdings noch einige wesentliche Hürden genommen werden.

GE2

Probleme im Doppelpack

„Dauermagneten bergen aus technischer Sicht zwei Probleme“, sagt Cui – und meint damit auch die neueren Modelle. Das erste ist ihre Temperaturabhängigkeit, das zweite ihre Brüchigkeit.

Maschinen, die mit Magneten arbeiten, sind natürlich so konstruiert, dass sie die Schwelle der Entmagnetisierung im Betrieb nicht überschreiten, doch wenn ein Motor heiss läuft, kann er komplett entmagnetisieren, so Cui.

Die traditionelle Lösung für dieses Problem besteht darin, die Seltene Erde Dysprosium einzubauen, da sie einen Magneten bei hohen Temperaturen stabilisieren kann. Doch Dysprosium ist nicht nur teuer, es wird auch fast ausschliesslich von China abgebaut. Dieses Monopol ist ein wirkliches Problem, meint Cui.

Ein weiteres Problem ist, dass die leistungsstärksten Dauermagneten auch die härtesten und damit brüchigsten sind. So brüchig, dass bis zu 30 Prozent von ihnen während der Produktion kaputtgehen.

„Die Verarbeitungsrate liegt bei rund 70 Prozent“, sagt Cui. „Wir suchen derzeit nach Lösungen für dieses Problem der Brüchigkeit.“

Cuis Labor erforscht verschiedene Ansätze, um zu verhindern, dass sich Risse in der Mikrostruktur eines Magneten ausbreiten, etwa durch Zugabe feiner Fasern oder Kohlenstoff-Nanoröhren, die den gleichen Effekt wie der Bewehrungsstahl in Stahlbeton haben sollen.

Motoring into the future

Elektrisch in die Lüfte

An der Universität Arkansas hat Fang Luo, Juniorprofessor für Ingenieurwissenschaften, bereits grosse Pläne für fortschrittliche Elektromotorantriebe. Er würde sie gern als Ersatz für die brennstoffbetriebenen Komponenten sehr grosser Motoren sehen. So könnten zum Beispiel Flugzeugtriebwerke, die Luo als „im Grunde nur sehr schnelle, leistungsstarke Gebläse“ beschreibt, eines Tages elektrisch angetrieben werden. Durch die Elektrifizierung von Antriebssystemen werden die Transportkosten und der Kohlendioxidausstoss gesenkt, fügt Luo hinzu.

Eine entscheidende Komponente, die dazu optimiert werden muss, ist der Motorantrieb – das Elektronikelement, das die Drehzahl des Motors steuert – was Luos Spezialgebiet ist. Je leistungsstärker der Motor ist, desto mehr Wärme erzeugt der Antrieb.

„Man will seine Passagiere ja nicht kochen“, so Luo. „Man braucht viel Platz und Gewicht, um diese Wärme unter Kontrolle zu bekommen. Diese zusätzlichen Teile, die für das thermische Management nötig sind, mindern den Nutzen, den der Austausch brennstoffbetriebener Motoren insgesamt hätte.“

Um das zu kompensieren, muss die Effizienz erhöht und das Gewicht so weit wie möglich reduziert werden.

Eine Lösung, mit der Luo experimentiert, ist das – wie er es nennt – „magische“ Siliziumcarbid oder SiC: „ein neues Material, das eine viel bessere Leistung bietet als die Silizium-Bauteile, die wir so viele Jahre verwendet haben.“

SiC-Elektronikkomponenten verlieren nur ein Zehntel der Energie, die herkömmliches Silizium in einem Elektromotor einbüsst, was bedeutet, dass ein Motorantieb mit SiC-Elektronik viel kleiner gebaut werden kann als die aktuellen Alternativen. Mit Kollegen des Center for Power Optimization for Electro-Thermal Systems, das von der US-amerikanischen National Science Foundation gefördert wird, arbeitet Luo an einem Prototyp eines Motorantriebs, der auf seiner Technologie basiert.

„Wenn man die Grösse von Motorantriebssystemen wirklich reduzieren will, ist das heute nicht nur Sache von Elektroingenieuren“, meint Luo. „Das ist eine interdisziplinäre Aufgabe.“