Konsumverhalten im Wandel

Das Kaufverhalten der Menschen verändert sich – und mit ihm auch die gekauften Produkte. Wir werfen einen Blick auf fünf Trends im Einzelhandelssektor.

1. Zurück in die Innenstädte

Verbraucher geben einen immer grösseren Teil ihres Geldes im Onlinehandel aus, doch das bedeutet nicht, dass die klassischen Geschäfte komplett aussterben werden. Ganz im Gegenteil: Selbst Giganten der Digitalwirtschaft sind aktuell dabei, sich ein physisches Standbein aufzubauen – die Übernahme der Supermarktkette Whole Foods durch Amazon ist ein Beispiel dafür.

„Gegenwärtig können wir beobachten, dass einige dieser digitalen Riesen den Schritt in die physische Welt wagen“, sagt Klaus Kjeldsen, CEO des Thinktanks Copenhagen Institute for Future Studies (CIFS). 

„Wenn Amazon seinen Prime-Mitgliedern 10 Prozent Rabatt auf Einkäufe in seinen physischen Geschäften anbietet, dann will das Unternehmen damit gleichzeitig auch Spotify-Kunden für Amazon Music Unlimited gewinnen, denn das ist in den Prime-Abos inbegriffen – so wird Amazon über Marktgrenzen hinweg gegen die Konkurrenz aktiv.“

Erfolgreiche Geschäfte bieten ihren Kunden Erfahrungen und Umgebungen, die es online nicht gibt, etwa durch eine attraktive Gestaltung, besondere Veranstaltungen und die Möglichkeit, Waren anzufassen und auszuprobieren. Der Kauf eher „langweiliger“ Produkte findet dagegen zunehmend online statt, häufig über Abo-Modelle. 


2. Gesund ist Trend

Verbraucher kaufen immer bewusster und gezielter ein: Die Nachfrage nach gesunden und/oder umweltfreundlichen Produkten wächst rasant.

„Die Konsumenten erwarten von den Herstellern, dass sie ihnen eine neue Art von Luxus anbieten, und zwar in Form von Produkten, die entweder besser für sie selbst oder besser für die Welt als Ganzes sind“, so Kjeldsen.

Millennials studieren die Zutatenliste oft genau und versuchen, frische und natürliche Lebensmittel zu kaufen. Bioprodukte boomen (siehe Diagramm), während der Umsatz mit stark industriell verarbeiteten Lebensmitteln, Dosenprodukten und  zuckerhaltigen Getränken in den USA bereits abnimmt. Aufwind haben dagegen Branchen wie der Gesundheits- und Wellnesssektor, zum Beispiel mit Angeboten, die das Halten des Idealgewichts oder einen gesunden Schlaf fördern.

3. Autofreie Zukunft

In früheren Generationen stand ein eigenes Auto für Freiheit und war Teil der persönlichen Identität. In einer Zeit, in der die Vorstädte explodierten und ein immer häufigeres Pendeln erforderten, war das Auto ein Objekt der Sehnsucht und dank der niedrigen Benzinpreise auch erschwinglich. Inzwischen machen Ridesharing- und Carsharing-Apps  den Besitz eines eigenen Autos jedoch zunehmend überflüssig und mitunter auch weniger attraktiv als die Alternativen. Ausserdem sind die Kosten pro Kilometer beim Carsharing nur knapp halb so hoch wie mit einem eigenen Auto, das nur rund 5 Prozent der Zeit tatsächlich genutzt wird und ansonsten auf einem Parkplatz herumsteht – der eventuell auch noch kostenpflichtig ist.

Diese Entwicklung steht ganz im Zeichen der Sharing Economy, in der von der Ferienunterkunft über den Büroarbeitsplatz bis hin zum Kindersitz oder zur Bohrmaschine nahezu alles gemietet werden kann.

4. Exklusive Produkte

Ganz egal, nach welchem Produkt man heute online sucht, die Ergebnisliste hält fast immer unzählige verschiedene Optionen bereit, die alle mit nur wenigen Klicks bestellt werden können. Exklusivität und Personalisierung werden für die Verbraucher von heute, die sich von der Masse abheben wollen, immer wichtiger – und das in wirklich jedem Bereich.

So wirbt mymuesli beispielsweise mit der Möglichkeit, Frühstücksflocken ganz nach dem eigenen Geschmack zusammenzustellen: Die Kunden können dabei aus 80 Zutaten in Bioqualität wählen oder sich für eine der 50 Standardmischungen entscheiden. Das Unternehmen, das 2007 in den Onlinehandel eingestiegen ist, hat inzwischen expandiert und auch physische Geschäfte eröffnet.

Doch Personalisierung kann auch subtiler geschehen. ABOUTYOU, ein in Hamburg ansässiges „Einhorn“ – ein nicht börsennotiertes digitales Start-up-Unternehmen mit einer Marktbewertung von über 1 Milliarde USD – nutzt personalisierte Daten, um Outfit-Empfehlungen und Trends zu präsentieren, ganz ähnlich wie auf den Seiten eines Modemagazins.

Doch das ist erst der Anfang. In nicht allzu ferner Zukunft werden Händler dank Technologien wie der Gesichtserkennung und biometrischen Daten die Bedürfnisse ihrer Kunden an ihrer Stimmung, ihrer Haltung, ihrer Herzfrequenz und sogar ihren Hirnströmen ablesen und Produkte dank des 3D-Drucks schnell individuell anfertigen können.

5. Die Macht der Beeinflussung

Herkömmliche Werbung war gestern. Heute sorgen Influencer für gute Umsatzzahlen.

ABOUTYOU ist in diesem Bereich aktiver als die meisten anderen und veranstaltet eine Preisverleihung für die kreativsten und einflussreichsten Social-Media-Stars, die in Deutschland inzwischen landesweit im Fernsehen ausgestrahlt wird.

„Die meisten Kunden kennen uns durch die sozialen Medien, wo wir als eines der ersten Unternehmen auf Erfahrungsberichte von „Influencern“ gesetzt haben. Bevor wir uns einen Namen gemacht hatten, gingen wir zunächst auf potenzielle Influencer zu und boten ihnen an, sie mit Kleidung auszustatten. Die Influencer posten dann Fotos von sich selbst online und weisen darauf hin, dass die Outfits auf ABOUTYOU gekauft werden können“, erklärt Tarek Müller, einer der Mitbegründer.

„Nun, da uns unsere Zielgruppe in Deutschland kennt, kommen potenzielle Influencer von selbst auf uns zu und sagen uns, welche Kleidung sie gerne präsentieren möchten. Wir arbeiten mit einigen hundert Influencern zusammen. Sie erhalten eine Provision für die Produkte, die aufgrund ihrer Empfehlung in den sozialen Medien verkauft werden.“

Die Popularität und der Erfolg von Influencern hängt zum einen davon ab, wie gut sie einen bestimmten begehrenswerten Lebensstil verkörpern können, und zum anderen vom Element der persönlichen Empfehlung.

„Die Verbraucher wollen mit Marken interagieren, die ihnen dabei helfen, das Leben zu leben, das sie sich wünschen, und Produkte auf individuelle Weise zu nutzen – sie wollen als Person und nicht als Nummer betrachtet werden“, so Kjeldsen vom CIFS.

“Der Schlüssel zum Erfolg wird künftig darin bestehen,  Verbrauchern praktische und nahtlos in ihr Leben integrierbare Möglichkeiten bereitzustellen, mit denen sie Produkte auf innovative Weise konsumieren und gleichzeitig sich selbst oder die Welt um sich herum verbessern können.“

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Megatrends sind starke sozioökonomische, ökologische und technologische Kräfte, die die Richtung vorgeben, in die sich unser Planet entwickelt. Die Digitalisierung der Wirtschaft, das rasante Wachstum der Städte und die Ausschöpfung der natürlichen Ressourcen der Erde sind nur einige Beispiele für strukturelle Trends, die die Art und Weise, wie Länder regiert, Unternehmen geführt und Leben gelebt werden, grundlegend verändern.

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