Ein besseres Bild von der Landwirtschaft

Drohnen, Satelliten und Datenanalysen sind die Zukunft der Landwirtschaft.

Wie er da so im Kornfeld steht, in Jeans und einem Flanellhemd mit hochgekrempelten Ärmeln, sieht Carl Salvaggio genauso aus, wie der traditionelle Bauer. Die 85.000-Dollar-Konsole, die er in den Händen hält, lässt jedoch darauf schließen, dass seine Anbauverfahren alles andere als gewöhnlich sind.

Salvaggio ist Professor für Digital Imaging and Remote Sensing am Rochester Institute of Technology, und das Gerät in seinen Händen kontrolliert eine mit einem Hyperspektralsensor und einem System zur Detektion durch Licht- und Entfernungsmessung (LIDAR-System) ausgestattete Drohne. Damit kann er sein Kornfeld auch aus einer Höhe von 120 Metern forensisch analysieren.

Willkommen in der Welt der intelligenten Landwirtschaft

Der Roboter, der über uns summt, sieht nicht viel anders aus als eine frisierte Version des Modellflugzeugs, das der Nachbarsjunge zum Geburtstag bekommen hat. Aber mit seiner kostspieligen umfangreichen Ausstattung ist dieses Modell in der Lage, große Datenmengen zu erfassen. Es kann erkennen, welche Pflanzen unter Wassermangel, Insekten- und Pilzbefall leiden - die typischen Flüche, von denen wohl jeder Landwirt heimgesucht wird.

Salvaggio entwickelt Verfahren, die den Bauern nicht nur zeigen, welche Pflanzen daran leiden, sondern auch vorhersagen können, welche noch gesund aussehenden Pflanzen wahrscheinlich bald befallen sein werden.

Das ist ein Aspekt der Präzisionslandwirtschaft - man ist in der Lage, Düngemittel, Wasser oder Insektizide genau dort und in genau der Menge auszubringen, wie sie benötigt werden. Aber das ist erst der Anfang der technologischen Revolution, an der Salvaggio beteiligt ist.

Die von ihm und anderen Wissenschaftlern heute gesammelten Daten haben schon jetzt das Potenzial, die Produktion zu steuern und die weltweite Nahrungsmittelpolitik zu beeinflussen.

Schimmelmessung

In dieser Vegetationsperiode setzt Salvaggio seine Drohnen ein, um eine unverwechselbare Signatur - entwickelt mithilfe der Sensoren auf dem Gerät - für einen Befall mit dem Pilz Sclerotinia sclerotiorum ("Weißstängeligkeit") bei Brechbohnen zu entwickeln. Die Brechbohnenernte in den USA hatte nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums im Jahr 2015 einen Wert von über einer Milliarde USD.

"Wenn man den weißen Schimmel sehen kann, dann ist es zu spät - die Pflanze ist hin," sagt er. "Wir untersuchen, ob eine infizierte Pflanze anders reflektiert als eine gesunde [und] fragen: Weisen diese Pflanzen Veränderungen auf, die für das menschliche Auge nicht sichtbar sind?"

Die Experimente, die wir heute durchführen, werden bestimmen, wie die Landwirtschaft (hoffentlich) in zehn Jahren aussehen wird.

Das Zeitfenster zwischen dem Keimen der Sporen und dem Erscheinen des weißen Schimmels auf der Pflanze beträgt zwei Wochen. In diesem Zeitraum können Fungizide die Infektion stoppen und die Pflanze retten.

"Die Experimente, die wir heute durchführen, werden bestimmen, wie die Landwirtschaft (hoffentlich) in zehn Jahren aussehen wird," sagt Salvaggio.

Augen wie ein Habicht

Durch die Vorschriften für die sichere Handhabung einer Drohne im Niedrigflugbereich (unter etwa 150 Metern) und außerhalb der Sichtweite (BVLOS) ist die Nutzung dieser Technologie in der Landwirtschaft derzeit noch eingeschränkt. Für große landwirtschaftliche Betriebe wird es jedoch unerlässlich sein, Drohnen auch ohne direkte Sichtverbindung fliegen zu lassen.

PrecisionHawk, ein kommerzielles Drohnen- und Datenunternehmen, erhielt im Jahr 2016 eine Ausnahmegenehmigung für BVLOS-Flüge von der US-amerikanischen Zivilluftfahrtbehörde (FAA).

"Wir setzen die Rohdaten zur Entwicklung transformatorischer Business Intelligence-Informationen ein," sagt Thomas Haun, Geschäftsführer bei PrecisionHawk.

Laut Haun nutzen bereits verschiedene große Landwirtschaftsunternehmen wie DuPont Pioneer PrecisionHawk zur Transformation ihrer Forschungs- und Entwicklungsprozesse. "Mit den Drohnendaten gibt es keine subjektive Feldbeobachtung mehr."

Schon jetzt können ihre Sensoren einen Quadratzentimeter Land aus einer Höhe von circa 120 Metern erfassen. Und die Innovation wird sich wahrscheinlich noch beschleunigen, je mehr Technologie-Startups sich daran beteiligen. Es müssen allerdings auch noch jede Menge Hürden genommen werden. So weist Salvaggio auf die Schwierigkeit hin, die Daten bei Veränderungen der Witterungs- und Lichtverhältnisse, des Pollenflugs und anderer Störquellen zu kalibrieren.

"Diese Branche befindet sich derzeit noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung," stellt Salvaggio fest. "Wenn man nicht alles richtig macht, katapultiert man sich selbst aus dem Geschäft." "Es richtig machen" bedeutet für ihn, die richtige Kombination von Drohnen- und Satellitendatenanalyse zu finden. Eine Drohne kann auch bei bewölktem Himmel fliegen und auf Befehl ein Feld vermessen, wenn es jedoch um ein Gesamtbild über einen längeren Zeitraum geht, sind Satelliten nach wie vor unschlagbar.

Vorteile von Satelliten

Obwohl Satelliten nicht so häufig und nicht in der hohen Auflösung wie Drohnen Daten sammeln können, sind die Kosten niedriger und es gibt weniger aufsichtsrechtliche Probleme als bei Drohnen.

Nur wenige Startups haben so viel Aufsehen erregt wie das Unternehmen Planet Labs mit seiner Flotte von 144 solarbetriebenen CubeSat-Satelliten in Schuhkartongröße, die etwas über ein Jahr lang die Erde umkreisten. Die Satelliten von Planet nutzen die gleiche Multispektraltechnologie wie sie in Drohnen verwendet wird. Jeden Tag überfliegen sie jeden Flecken Erde und erfassen Daten. Auch wenn die Auflösung nicht so scharf ist wie bei Drohnen mit etwa 3,5 Quadratmetern pro Pixel, ist dies im Vergleich zu älteren Satellitentechnologien ein großer Schritt in der Entwicklung. Die Satelliten von CubeSat können die Erde jeden Tag abbilden, während die öffentlichen Satelliten dies nur alle zwei Wochen schaffen. Planet verkauft Unternehmen den Zugang zu den Daten, die künstliche Intelligenz und maschinenlernende Algorithmen einsetzen wollen, um bestimmte Muster aufzudecken, wie bevorstehene Dürren, Entwaldung und Veränderungen in der Landnutzung.

Einer der Kunden, Descartes Labs, setzt die Satellitendaten zur Prognose weitreichender Trends in der Landwirtschaft ein. Die Gründer der Satellitenbilder-Datenbank sammelten erste Erfahrungen mit den umfangreichen astrophysischen Datenschätzen im Los Alamos National Laboratory. Diese Erfahrung half ihnen bei der Entwicklung eines Systems, mit dem das gesamte Datenarchiv der Landsat-Satelliten an nur einem Tag verarbeitet werden kann, so Sam Skillman, Computerwissenschaftler bei Descartes Labs.

“Wir ermitteln Ertragsdaten auf der Landkreisebene für einige Saaten wie Mais oder Soja - in einem Tempo, das vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre."

Als Descartes Labs die Ernteprognosen für 2016 herausgab, entwickelte sich der Preis für Mais noch am selben Tag um 3 Prozent," so Skillman. "Das war ziemlich aufregend, weil es vielleicht das erste Mal gewesen ist, dass der Markt der Ertragsanalyse anhand von Satellitenbildern überhaupt Aufmerksamkeit schenkte."

Heutzutage setzt das Unternehmen statt privater Satellitendaten die Daten öffentlicher Satelliten aus verschiedenen Quellen ein, um Ertragsanalysen im Kundenauftrag zu erstellen.

"Wir sind Teil der rasanten Entwicklung eines Ökosystems auf der Basis von Satelliten- und Drohnenbildaufnahmen, die sich hier gerade abspielt. Eine solche Revolution haben wir noch nie erlebt," so Skillman.