Sichere Städte: Die Rolle der Technologie für die urbane Sicherheit

Wenn mehr Menschen in städtischen Gebieten leben sollen, dann müssen unsere Städte sicherer werden. Die Sicherheitstechnologie bietet diese Möglichkeit.

Im Film „Die Hard 4“ legt sich der New Yorker Detektiv John MacLane mit einem technisch gewieften Verbrechersyndikat an, das die USA ins Cyberchaos stürzen will. Bevor er seine Widersacher schließlich bezwingt, muss er überwiegend fassungslos dabei zusehen, wie sich die Digitalterroristen in die städtischen Transport-, Energie- und Kommunikationsnetze hacken und sie zum Erliegen bringen.

Die Darstellung der Gefährdung der Städte durch Cyberkriminalität erfolgt in diesem explosiven Actionfilm genrebedingt natürlich mit reichlich künstlerischer Freiheit. Das soll aber nicht heißen, dass er fern von jeder Realität ist.

Eine verwegene im Mai dieses Jahres von Hackern verübte globale Cyberattacke, von der über 200.000 städtische Organisationen in 150 Ländern betroffen waren, weist beunruhigende Parallelen zu dem Film auf.

Die Lösegeldsoftware „WannaCry“ – ein Schadprogramm, mit dessen Hilfe von den Opfern eine Zahlung verlangt wird, um auf ihren Computer zugreifen zu können – richtete weltweit große Verwüstung an und fror die IT-Systeme des britischen National Health Service, des russischen Innenministeriums und des spanischen Telekommunikationsriesen Telefonica ein.

Unglücklicherweise ist die Sicherheit der urbanen Zentren der Welt nicht nur  durch Cyberkriminalität bedroht. Die Städte Westeuropas haben inzwischen hinlänglich Erfahrung mit Terroranschlägen, die sich gegen ihre Einwohner und kritische Infrastrukturen richten. Madrid, Brüssel, London und Paris wurden in den vergangenen Jahren zu Schauplätzen der Gewalt durch Terroristenangriffe. Die Geheimdienste warnen vor weiteren Ereignissen dieser Art.

All dies stellt die Gesellschaft vor ein erhebliches Problem. Über die Hälfte von uns lebt schon jetzt in urbanen Zentren, die dicht besiedelt und drahtlos miteinander verbunden sind. Dieser Anteil dürfte in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen. Wenn die zuständigen Behörden unsere Sicherheit nicht ernst nehmen, ist es vielleicht irgendwann nicht mehr möglich, in der Stadt zu leben.

Wenn wir uns zuhause oder auf der Straße nicht mehr sicher fühlen und darauf vertrauen können, dass die Stadt grundsätzliche öffentliche Dienste bereitstellt, wird in unseren Metropolen Anarchie herrschen.

Diese Weltuntergangsvision muss jedoch nicht zur Realität werden. Die Behörden in den Metropolen sind sich der komplexen Sicherheitsprobleme zunehmend bewusst. Unter anderem setzt man auf hochentwickelte Technologien als Teil der Lösung.

Straftatenvorhersage

Die vielleicht fortschrittlichste Hightech-Sicherheitsinitiative entwickelt sich momentan auf dem Gebiet der Exekutive. US-Städte von Los Angeles bis Atlanta liefern sich derzeit ein Wettrennen in der Einführung futuristischer vorausschauender Überwachungssysteme, wie sie die US-amerikanische Firma PredPol entwickelt. Die Software nutzt hochentwickelte Algorithmen, um historische kriminelle Verhaltensmuster zu analysieren und so Straftaten vorhersagen zu können, bevor sie begangen werden.

Mithilfe dieses Systems können Strafverfolgungsbehörden die Distrikte in den Städten identifizieren, in denen sich mit größerer Wahrscheinlichkeit Straftaten ereignen. Auf diese Weise können sie ihre Polizeibeamten gezielt in die Gebiete schicken, wo sie am meisten gebraucht werden. Ähnliche Softwareprogramme zur Verbrechungsbekämpfung wurden bereits von Microsoft, IBM und Hitachi entwickelt.

Auch wenn es darum geht, wichtige Infrastrukturen in den Städten zu schützen, die nach Geheimdienstangaben vorrangige Ziele für Terroristen darstellen, spielen Hightech-Lösungen eine tragende Rolle. In Anbetracht ihres Potenzials zur Verbreitung von Krankheiten sind vor allem die Wasserversorgungssysteme gefährdet. Ein Problem für die Stadtverwaltungen stellt unter anderem die Komplexität und flächenmäßige Ausdehnung der städtischen Wasserversorgungssysteme dar, denn schon eine durchschnittlich große Stadt verfügt über 400 Kilometer Leitungen. Eine versehentliche oder absichtliche Kontaminierung kann somit an unzähligen Punkten des Leitungsnetzes erfolgen. Zudem sind die herkömmlichen Verfahren für die Wasseruntersuchung und Probenentnahme aufwändig, und Tests auf Verunreinigungen können im Verdachtsfall bis zu drei Tage in Anspruch nehmen.

Um diesem Risiko entgegenzuwirken, arbeiten die örtlichen Behörden mit Wasserversorgern und Sicherheitsunternehmen zusammen, um Geräte und Softwareprodukte zu entwickeln, mit denen bakteriologische oder chemische Verseuchung frühzeitig erkannt werden können. Auch Strahlenschutzgeräte werden inzwischen kommerziell verwendet, wie sie zum Beispiel in den von der Reaktorkatastrophe in Fukushima (Japan) betroffenen Gebieten eingesetzt wurden.

Digitale Verbrecher

Auch die Bekämpfung von Cyberkriminalität ist zu einer Priorität geworden.

Indem die Städte neue Technologien nutzen, um von den Stromnetzen bis zu den Wasseraufbereitungs- und Verteilungssystemen alles zu automatisieren, setzen sie ihre Einwohner ungewollt dem Risiko digitaler Angriffe aus. Ein Grund dafür ist, dass die meisten von den Städten aktuell eingesetzten IT-Systeme größtenteils schlecht gegen gezielte Angriffe von Cyberkriminellen gewappnet sind. Konventionelle Antivirenprogramme und Firewalls sind dem nicht gewachsen.

Ein unwahrscheinliches Zeugnis dafür ist das beliebte Computerspiel „Watch Dogs“, dessen Hauptcharakter ein begabter Hacker ist, der für die Einwohner von Chicago die Cyber-Hölle entfesselt. Es ist überaus beunruhigend, dass in dem Spiel wirklich jeder Hack in die Transport-, Versorgungs- und Kommunikationssysteme auf wahren Gegebenheiten in der realen Welt beruht.

Ein Durchbruch in der künstlichen Intelligenz wäre da schon hilfreich.

Inspiriert von der Funktionsweise des menschlichen Immunsystems setzt eine neue Gattung von IT-Sicherheitssystemen „digitale Antikörper“ ein, um Eindringlinge ausfindig zu machen. Sobald ein potenzieller Virus identifiziert und markiert wurde, wird er zur weiteren Analyse unter Quarantäne gestellt. Solche Programme werden von Unternehmen wie dem Startup-Unternehmen Darktrace aus Großbritannien entwickelt, das sich mit Computer- und Netzsicherheit befasst. Gegründet von ehemaligen Mitarbeitern von CIA, MI5 und NSA hat das Unternehmen eine Reihe intelligenter und selbstlernender Anwendungen entwickelt, die Cyberangriffe in einem Bruchteil der Zeit aufdecken und überwinden können, die herkömmliche Sicherheitsprogramme dafür benötigen.

Es ist klar, dass die Städte Sicherheitstechnologien aller Art einsetzen müssen, um den zentralen Anforderungen der Gesellschaft im 21. Jahrhundert gerecht zu werden. Erst dann können sie anstreben, zu urbanen Paradiesen zu werden.